Meerschweinchen Mäxu, 2-jährig erzählt uns seine Geschichte

 

«Es ist an der Zeit, dass sich an dieser Stelle endlich einmal ein anderes Tier zu Wort melden darf. Es muss ja wirklich nicht immer ein Hund oder eine Katze sein.
Auch einem Wesen von grundsätzlich kleiner Statur darf hin und wieder eine Plattform gegeben werden. Einem Prachtstier wie mir, zum Beispiel.

Gestatten, ich bin Mäxu, ein zweijähriger Meerschweinchen-Mann. Ein Meerschweinchen-Bock, wie es in der Fachwelt korrekt heisst. Allerdings war ich bis vor kurzem nurmehr ein Schatten meiner selbst.

Fürchterliche Zahnschmerzen machten mir das Leben zur Hölle.

Spritzen und Brücken

Sie denken jetzt sicher, dass ich Probleme hatten mit den Nagezähnen. Dem war aber nicht so – oder zumindest nicht von allem Anfang an. Mir machten primär die Backenzähne das Dasein schwer. Des Übels Ursprung ist deren Fehlstellung, die mir bereits in die Wiege gelegt wurde.

Im Veterinärjargon spricht man von einer angeborenen fehlerhaften Zahnanlage mit unregelmässiger Zahnabnutzung. Die Konsequenz lässt sich so umschreiben: Die gezwungenermassen schiefe Kauerei hatte zur Folge, dass sich bei einigen Backenzähnen scharfe Spitzen bildeten, die meine Zunge und die Backenschleimhaut verletzten, was schliesslich zu Entzündungen führte. Ausserdem bildeten sich sogenannte „Brücken“, da meine Zähne bogenförmig über die Zunge wuchsen.

Sie können sich kaum vorstellen, wie unangenehm und schmerzhaft das ist. Ich konnte mich nicht mehr an meinem Lieblingsfutter gütlich tun. Angesagt war, wenn überhaupt, nur noch weiches Zeugs, beispielsweise das Innere einer Salatgurke. Und was ebenso schlimm war: Ich konnte meine Nagezähne nicht mehr richtig einsetzen – und abnutzen. Sie wuchsen mehr und mehr zusammen, so dass ich mein Maul kaum mehr bewegen konnte.

 

Prävention ist alles

Ziemlich geschwächt wurde ich dann in die Obhut der Ärzte in der Kleintierklinik S. in Flamatt gegeben, wo die Ursache meines Leidens subito bestätigt wurde.

Ganz unter uns gesagt: Meine Besitzerin bekam dabei auch ihr Fett weg, denn ganz offensichtlich habe sie mein auffälliges Fressverhalten nicht richtig interpretiert, monierte der Doktor. 

Ich musste ihm zustimmen, erinnere ich mich doch sehr gut daran, in den letzten Wochen nur sehr langsam gefressen und auffällig mühsam gekaut zu haben. Dabei lief mir der Speichel aus dem Mund. Mein Körpergewicht sauste in den Keller und ich fühlte mich mit jedem Tag schlaffer.

Dabei ist es doch so, das wir Meerschweinchen praktisch fortwährend fressen müssen, damit die Darmkultur im Gleichgewicht bleibt und wir nicht an Substanz verlieren.

Heikle Narkose

Ich muss Frauchen allerdings ein wenig in Schutz nehmen. Denn mein Problem – eben diese Fehlstellung der Backenzähne – basiert nicht auf mangelnder Prävention. Der Geburtsfehler sei genetisch bedingt oder könne das Resultat einer Überzüchtung sein.

Viele meiner Art seien davon betroffen, erklärte der Mann im weissen Kittel. Das Übel sei in meinem Falle nicht aus der Welt zu schaffen, es werde mich Zeit meines Lebens begleiten und eine regelmässige Arztvisite unabdingbar machen. Einer Zahnerkrankung förderlich sein könne jedoch auch eine nicht artgerechte respektive zu rohfaserarme Ernährung.

Doch dazu später. Denn bei mir wurde nun zu einer Akutbehandlung angesetzt, die es in sich hatte. Das Ziel war, die Backen- und Nagezähne ab- beziehungsweise zurückzuschleifen und „in Form zu bringen“, auf dass ich dann wieder nach Herzenslust nagen und kauen kann. Gleichzeitig wurden die Entzündungsherde behandelt.

Die Mediziner der Kleintierklinik S. zogen alle Register ihres Könnens. Ich wurde sediert (übrigens: die Narkose ist eine heikle Sache für ein Meerschweinchen) und an verschiedene Geräte angeschlossen, die meine Vitalfunktionen während der Operation überwachten.

Meine Blutsauerstoff- und Sauerstoffsättigung wurden ständig überwacht, das Elektrokardiogramm lieferte pausenlos Informationen über meine Herztätigkeit. Und dann ging’s meinen schiefen Beisserchen an den Kragen.

Heu für den präzisen Schliff

Heute bin ich über dem Berg. Allerdings muss ich diese Behandlung fortan alle zwei Monate über mich ergehen lassen – und jedes Mal das Risiko der Narkose auf mich nehmen. Indes, mit einem kleinen Quäntchen Glück ist diese Tortur möglicherweise zu vermeiden oder zumindest zu minimieren. Dann nämlich – und jetzt kommt, was ich oben angetönt habe – wenn mir optimales Futter gereicht wird.

Die perfekte Ernährung für unsereiner ist in allererster Linie frisches, gutes Heu. Damit schleifen wir unsere ständig nachwachsenden Zähne bestens nach. Wir lieben Grünfutter wie Gras oder Löwenzahn, nagen zuweilen gerne an einem Rüebli und an trockenen Zweigen. Und wir brauchen stets frisches Wasser. Vergessen Sie trockenes Brot, Körner, Futtersnacks und Knabberstangen. Ich sag’s gerne nochmals: Nur rohfaserhaltiges Heu, Gras und Kräuter wird von uns „zahneffektiv“ zermahlen.

Mit diesen wichtigen Informationen wurden Frauchen und ich aus der Klinik entlassen. Und wie gesagt, jetzt bin ich über dem Berg.  Es wird genagt und gekaut was das Heuzeug hält, auf dass ich meine Zähne im wahrsten Sinne des Wortes – in Form halten kann.“