Fall des Monats

 

Harngriess, Penisamputation

Es erzählt: Kater „Bruno“, 13 Jahre

«Man nennt mich Bruno. Ich bin 13 Jahre alt, stattlich gebaut und ein vehementer Verteidiger meines Reviers. Niemand macht mir in meiner Wohnung den Lieblingsplatz streitig, und im Garten bin ich der ungekrönte König – wie es sich für einen stolzen Kater von echtem Schrot und Korn gebührt. Ein Manko macht mir allerdings zu schaffen. An dieser Stelle kann ich problemlos darüber sprechen, aber am Wohnort kommt nichts davon über meine Lippen; es ist mir einfach zu peinlich. Denn wissen Sie, mir fehlt ein gutes Stück meines «Katerseins». Also genau genommen fehlt DAS gute Stück. Vor einiger Zeit wurde mir... der Penis amputiert. Tönt heftig. Ist es auch, zumindest was mein Ego betrifft. Gesundheitlich bin ich heute zwar auch ‚unten ohne’ bestens in Form. Aber das dauerte seine Zeit. Doch schön der Reihe nach.

Heftige Schmerzen

Der Tag, an dem mein Leiden seinen Anfang nahm, begann wie jeder andere Tag zuvor. Ich startete meinen morgendlichen Rundgang durch das Quartier, markierte hier und da was das Zeug hielt und durfte mit Genugtuung feststellen, dass meiner Aktion Erfolg beschieden war: sämtliche männliche Artgenossen machten einen grossen Bogen um mein Anwesen. Dass ich zunehmend mehr Mühe bekundete, meinen Urin abzusetzen und plötzlich heftige Schmerzen in der Bauchgegend auftraten, tat ich mit der mir eigenen Würde ab. Anderntags waren aber die Schmerzen schier unerträglich, und auch wenn ich mich noch so anstrengte – urinieren konnte ich nicht mehr. Meine Blase war bis zum Zerbersten gefüllt. Innerhalb kürzester Zeit wurde aus mir, dem wohl stolzesten Kater der Gegend, nurmehr ein Schatten meiner selbst. 

Griess verstopft Harnröhre

Zum Glück konnte Frauchen meinen rapiden, gesundheitlichen Abwärtstrend ebenfalls konstatieren. Sie verfrachtete mich in die Reisebox (unnötig zu erwähnen, wie schmerzhaft allein dieses Prozedere war) und brachte mich notfallmässig in die Kleintierklinik S. AG in Flamatt. Dort wurde mein Zustand tatsächlich als «sehr ungut» bezeichnet. Der Arzt konnte bestätigen, was ich längst wusste: Meine Blase war total gefüllt – und dies seit geraumer Zeit. Der Herr im weissen Kittel sprach von der Gefahr, dass dieser Umstand zu Nierenproblemen führen könne und begann subito mit einer eingehenden Untersuchung.

Des Übels Ursprung fand er – Röntgen und Ultraschall sei Dank – ziemlich schnell. In meiner Blase befanden sich winzige Steinchen; nicht nur zwei oder drei, sondern eine ganze Menge davon. Von Harngriess war die Rede, und davon, dass das Zeugs die Harnröhre verstopft habe und auf normalen Weg nicht mehr ausgeschieden werden könne.

Um das zu verstehen, muss man mehr wissen über die Anatomie der Geschlechtsteile männlicher Katzen. Der Penis des Katers hat nämlich eine konische Form, das heisst, er wird zur Spitze hin immer enger. So eng, das selbst kleinste Körnchen unter ungünstigen Umständen nicht mehr ausgeschieden werden.

 

Erfolglose «Durchspülung»

In der Hoffnung auf Besserung, insbesondere auch um die Blase zu entleeren und einem Nierenversagen vorzubeugen, setzte mir der Arzt einen Harnröhrenkatheter. Das klappte vortrefflich, ich erhielt Antibiotika und Schmerzmittel und verbrachte knapp drei Tage «am Tropf» auf der Überwachungsstation der Klinik. Infusion und Harnkatheter sollten für eine «Durchspülung» der Blase und der Harnwege sorgen – und das Harngriess auf diese Weise ausgeschieden werden. Man entfernte mir dann den Katheter, doch die Harnröhre blieb leider nach wie vor verstopft, wie eine neuerliche Ultraschall-Untersuchung zeigte; ausserdem waren die Nierenwerte noch immer unter aller Maus. Das Ärzteteam wiederholte das Prozedere notgedrungen; Harnkatheter, Medikamente, Infusion, weitere Tage auf der Überwachung – doch auch dieser Versuch scheiterte.

 

Penisamputation unvermeidlich

Und so kam es, dass sich die Ärzte zu einem drastischen Schritt entschliessen mussten, nämlich zu einer perinealen Urethrotomie. So nennt man im Medizinaljargon eine Penisamputation. Gleichzeitig wurde mir ein künstlicher (und erweiterter) Harnröhrenausgang angelegt. Eine heftige Sache, die glücklicherweise endlich den gewünschten Erfolg zeitigte. Nach ein paar weiteren Kontroll-Tagen in der Klinik wurde ich aus der Obhut der Ärzte entlassen. Es folgte eine Erholungsphase in den eigenen vier Wänden, dann durfte ich endlich wieder durch mein Revier streifen. Heute geht es mir wieder sehr gut; es bleibt allerdings beim eingangs erwähnten kleinen Manko. Doch damit muss und kann ich gut leben, zumal mir nun viel anderes Ungemach erspart bleibt. Ausserdem: Nur Sie und ich wissen davon – und so soll es auch sein!

Harnsteinen vorbeugen

Harnsteine und/oder Harngriess gehört bei Katzen zu den häufigsten Erkrankungen der Niere und der ableitenden Harnwege. Katzenhalter können vorbeugend einwirken:

  • Wichtig ist, dass das Tier ausreichend trinkt und der Harn regelmässig auf Veränderungen bezüglich Farbe, Geruch, pH-Wert und auf Kristalle kontrolliert wird. 
  • Mehr Nass- als Trockenfutter abgeben. 
  • Futter mit geringem Getreideanteil verwenden.
  • Stress vermeiden.
  • Verabreichung von Diätfuttermittel und Medikamenten zur Vorbeugung von Harnsteinen nur nach Absprache mit dem Tierarzt.